Positionspapier der Pfarrer-Initiative

1. Nötige Perspektivenwechsel

Auf dem Hintergrund unserer Situationsanalyse (siehe Startseite) und in der Tradition von Jesus Christus und seinem Evangelium halten wir folgende Perspektivenwechsel für nötig, damit unsere Berufung als Priester menschlich lebbar bleibt und damit die Menschen von heute sich ernst genommen wissen:

• Pfarreiengemeinschaften schaffen eine größere Distanz zu den Menschen. Nötig ist aber mehr persönliche Nähe zu den Menschen in ihrer konkreten Lebenswelt.
• In der Pastoral wird überwiegend versucht, Wissen zu vermitteln und Glauben zu lehren. Der angemessenere Weg für die heutigen Menschen besteht aber darin, sie zu ermutigen, eigene Glaubenserfahrungen einzubringen und Räume zu schaffen, in denen gemeinsame Glaubenserfahrungen möglich werden können.
• Verantwortliche für pastorale Planungen definieren und denken die Kirche vom Weiheamt her (Wir haben so und so viele Priester zur Verfügung, also teilen wir das Bistum in entsprechend viele Pfarreiengemeinschaften auf). Grundlegend aber ist die Kirche als Gemeinschaft Glaubender zu verstehen, die Gott auf vielerlei Weise beruft. (vgl. Volk-Gottes-Theologie des II. Vatikanums)
  
  

2. Aufgrund dieser Perspektivenwechsel sind uns folgende Haltungen wichtig:

• Achtung vor dem, was Menschen verantwortlich leben;
• Gemeinde in ihrer eigenen Würde als Ereignisort der Kirche Jesu Christi ernstnehmen, d.h. wir gehen davon aus, dass Jesus Christus in seiner Gemeinde gegenwärtig ist.
• dienende, nicht herrschende Haltung der Priester;
• Uns ist es wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Charismen wahrnehmen und in die Pastoral einbringen.
  
  

3. Daher streben wir folgende Handlungsschritte an:

• Wir wollen Möglichkeiten für die Lebensdeutung aus dem Geist des Evangeliums eröffnen (ohne Rekrutierungsabsichten).
• Wir helfen Gemeindemitgliedern, ihre Berufung zu erkennen und zu leben.
• Wir setzen uns für lebendige Beziehungen zwischen den Seelsorgern, den Multiplikatoren und den Gemeindemitgliedern ein als eine der zentralen Säulen heutiger Pastoral.
  
  

4. Dadurch entsteht eine Anfrage an die Diözese:

Wie sollen große Pfarreiengemeinschaften, die im Moment entstehen, im vorgenannten Sinn geistlich geleitet und begleitet werden, zumal schon jetzt abzusehen ist, dass nach Abschluss der Bildungsphase der Pfarreiengemeinschaften die Zahl der als Pfarreiengemeinschaftsleiter einsetzbaren Priester bei weitem nicht ausreichen wird?

Wir fordern die Diözesanleitung auf,

• eine zeitgerechte Personalentwicklung anzugehen und aktiv auszugestalten.
• bei Stellenbesetzungen die Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinden und Seelsorgestellen ernst zu nehmen und die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Personals zu berücksichtigen.
• eine erhöhte Aufmerksamkeit auf die Weiter- und Fortbildung des Personals der Diözese zu lenken.
• sich mit den beschriebenen Grundhaltungen auseinander zu setzen und sie sich weitmöglichst zu eigen zu machen.
• sich ehrlich einzugestehen, dass die Bildung von immer größeren Pfarreiengemeinschaften nicht das Problem des Priestermangels löst und für andere Lösungen offen zu sein.
• bei der Besetzung von Schlüsselpositionen in der Diözese Personen auszuwählen, die in der Lage und willens sind, zusammen mit unseren Gemeinden tragfähige Zukunftsperspektiven zu entwickeln.
  
  

Ziele der Pfarrerinitiative sind unter anderem:

• neue Handlungsansätze in der Seelsorge auszuprobieren und andere Seelsorgerinnen und Seelsorger dafür zu gewinnen.
• die Erfahrungen mit diesen Handlungsansätzen zu reflektieren und in einen Diskussionsprozess einzubringen.
• neue Impulse an die Öffentlichkeit weiterzugeben.

Estenfeld, 5.12.2008